All Of Spain #1


Einer der ersten Posts und auch Reihen in der neuen Wein-Kategorie von LiquidThoughts ist direkt eine etwas ambitionierte Angelegenheit. Ja, den Titel habt ihr wahrscheinlich richtig gedeutet, All of Spain. Warum ausgerechnet Spanien als das erste, größere Projekt? Das wird nochmal getrennt erläutert werden in einem etwas nachdenklicheren und melancholischeren Artikel. Konzentrieren wir uns hier lieber direkt auf unser Zielobjekt: Spanien als Weinland. Wie alle Wein kultivierenden Länder hat auch Spanien verschiedene Ebenen der Kategorisierung und Gebietsaufteilungen. Es gibt größere Oberregionen (unten auf der Karte am größten geschrieben), die jedoch relativ wenig aussagen, sowohl was mögliche Charakteristika, als auch gesetzliche Vorgaben angeht. Auf der kleinsten Ebene haben wir theoretisch >120 gesetzliche Designationen für spanische Weine. Wir wollen uns jedoch auf das Herz konzentrieren, die anerkannten DO (Denominación de Origen) und zwei DOCa (Denominación de Origen Calificada), die zugleich auch die wohl berühmtesten Regionen sind (Rioja und Priorat). DOCa ist eine Sonderkategorie, die zu den bereits vorhandenen DO-Regularien nur die Regionen aufnimmt, die auch historisch bereits über lange Zeit ihr Können und ihre stabile Qualität regionsweit bewiesen haben. Damit sind wir trotzdem bereits bei satten 70 Stationen zum Durchprobieren, eine freudige Aufgabe…

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Auf die einzelnen Eigenheiten der Regionen werden wir immer mal wieder in den kommenden Artikeln der Spanien-Reihe eingehen, während dies mehr der langsame, sanfte Einstieg sein soll. Außer vielleicht den USA hat kaum ein Weinland in jüngster Zeit eine so atemberaubende Entwicklung zu verzeichnen wie Spanien. Das Land mit der weltweit größten Rebfläche, das leider noch für viele als Quelle wenig aussagender Massenweine gilt, macht seit den 1990ern und insbesondere die letzten 10 Jahre durch sprunghaft gestiegene Qualität und eine breite und interessante Palette an Weinstilen von sich reden. Spanien hat sich in 30 Jahren wie kaum ein anderes Land mit Wein im Blut aus seinem Dämmerschlaf zu einem der zukunftsträchtigsten, originellsten und am besten organisierten Erzeugerländer aufgeschwungen. Nun soll hier nicht in die Geschichte oder Details des gesamten Landes eingegangen werden, dafür gibt es wundervolle, deutlich kenntnisreichere Anlaufstellen. Eine Empfehlung für Interessierte wäre hier beispielsweise diese Seite der Spanischen Wirtschafts- und Handelsabteilung auf Deutsch.

Doch jetzt auch endlich zum ersten, heutigen Teil einer längeren Reise durch das Land. Es werden immer vier Weine vorgestellt, mit dem Versuch möglichst verstreut über das Land zu blicken in jedem Tasting. Dies um wirklich die Unterschiede des Terroirs und der Regionen herauszuschmecken, was bei zwei direkt beieinander liegenden, sehr kleinen DO eher schwieriger ist.

Wir haben das deutsch-spanische Klischee schlechthin vertreten: Mallorca (Wein: Son Puig). Eine fantastische Insel für den Weinbau, einige Kultweine hat sie bereits hervorgebracht und in den letzten Jahren auch spannende, jüngere Projekte abseits des großen Inselhypes verzeichnen können. Um quasi direkt all-in zu gehen mit der Streuung für dieses Set, geht es außerdem so weit wie nur möglich auf die andere Seite des Landes, an die Westküste Spaniens, nördlich von Portugal. Hier liegt Rias Baixas (Wein: La Carmina), bekannt für seine Weißweine, die oft mineralische und tropische Fruchtnoten vorweisen können. Die Region hält zudem die ein oder andere autochthone Rebsorte parat. Mit dem Acústic aus Montsant sind wir wiederum an der Ostküste, gegenüber von Mallorca, im Süden Kataloniens. Die Region strotzt vor unterschiedlichen Weinstilen, neben dem weltbekannten Cava, also Schaumwein, finden sich hier gleichermaßen spannende Rot-, wie auch Weißweine und einige seltene Rebsorten. Zuletzt wäre noch Navarra dran mit dem Marqués de Montecierzo, die DO liegt direkt nordöstlich an Rioja und hat sich inzwischen durchaus auch einen Namen gemacht, insbesondere für herzhaftere Rotweine, ähnlich seinem weltweit bekannten Bruder nebenan.


Da ich schon 3 Sets weiter bin zum Zeitpunkt des Schreibens, kann ich sagen, dass dies definitiv eines der „stimmigsten“ und im Schnitt wohl auch höher bewerteten Sets war. Der Marqués de Montecierzo zieht den Schnitt aber wahrscheinlich eher wieder in das Mittelfeld. Der La Carmina aus der Rias Baixas war eine positive Überraschung, viel hatte ich nicht erwartet, auch aufgrund der an easy-to-drink Sommerweine erinnernden Aufmachung der Flasche. Ja, er war durchaus süffig und leicht zu trinken, doch als Gesamtwerk sieht man hier definitiv auch gutes Handwerk und eine authentische Tropik und Salzigkeit. Ein absoluter Geheimtipp aus einer nicht so häufig zu findenden Region für den Sommer! Der bereits erwähnte zweite Wein des Sets war wirklich ein Let-Down. In der Nase noch durchaus solide, typischer spanischer Reserva mit viel Eichenlagerung, hat er im Mund wenig Spannendes zu bieten und wirkt für einen Reserva auch erschreckend dünn, was das Volumen betrifft. Da gibt es hunderte bessere Alternativen, was spanische Reservas angeht, selbst bzw. insbesondere aus Navarra.

2022 La Carmina Rías Baixas

  • 100% Albariño Trauben von lokalen Weinbergen in der Gemeinde Arbo, im Condado do Tea auf über 950 Metern Höhe gelegen und ohne jede Fasslagerung.

    Kategorie: Weißwein
    Herkunftsland: Spanien
    Anbauregion: Rias Baixas D.O.
    Qualitätsstufe/Unterregion: Condado Do Tea
    Produzent: Bodegas Y Vinedos Tamaral
    Rebsorte: Albariño (100%)
    Alkoholgehalt: 12,5 %
    Restzucker: 2,7g/l
    Säure: 5,8g/l
    Preis: 12-14€

Nose:

Frisch und relativ vollmundig, junge, knackige Ananas, etwas Maracuja und helle Trauben, frische Zitrone und etwas Vanille, schöne Kalknoten

Taste:

Frisch, knackig und doch auch cremig, die Säure ist nicht zu prägnant, gelbe Äpfel, Passionsfrucht, Ananas, Vanille, Zitrusschalen, relativ kurzes Finish, aber nette Balance und mineralische Frische

Comment:

Netter, frisch fruchtiger Allrounder zu passendem Essen, für mehr fehlt ihm ein wenig Finesse und Komplexität im Finish, Säure angenehm niedrig bzw. süß-säure Balance gut.

88P

2016 Marqués de Montecierzo Reserva Edición Limitada

  • 18 Monate lang in französischen Eichenfässern gereift.

    Kategorie: Rotwein
    Herkunftsland:
    Spanien
    Anbauregion:
    Navarra D.O.
    Qualitätsstufe/Unterregion:
    -
    Produzent:
    Bodegas Marques de Montecierzo
    Rebsorte: T
    empranillo, Garnacha, Merlot, Cabernet Sauvignon
    Alkoholgehalt:
    14%
    Restzucker:
    -
    Säure:
    -
    Preis:
    12-14€

Nose:

Brombeeren, Schwarzkirsche, kokelnde Eiche, Leder, balsamische Noten, Aubergine, ein wenig Waldboden, später klare Noten von Mokka

Taste:

Viel Eiche, Mokka, Lakritz, Brombeeren, schon vor langem püriert und mit Gewürzen eingelegt, balsamische Noten

Finish:

Schwierig, interessante Noten, wirkt aber trotz der Würze leicht wässrig und flach, etwas Körper fehlt. Trotzdem zu passendem Essen eine interessante Begleitung.

83P



In der zweiten Hälfte des Tastings finden wir zwei frühe, echte Highlights der Spanien-Reise (erneut, bin bereits bei Part 5 in Echtzeit). Der Acústic ist echte Kunst für den Preis, um die 15 € für einen feingliedrigen und doch komplexen Tänzer auf der Zunge. Spanien in seiner modernen Form, und zwar in einer der besten Ausprägungen, insbesondere in der Preiskategorie. Seidig, frisch und doch mit schöner Tiefe.

Auf Mallorca haben wir wiederum einen kleinen Brecher, wuchtig und würzig. Gar nicht mehr so typisch Mallorca, eher in der bergigen Region der Insel und mit weniger der durchaus oft zu findenden salzigen Noten. Hier haben wir eher etwas für Freunde körperreicher und würziger Rotweine, was auf mich definitiv zutrifft. Schöne Blend-Kunst, auch ein Top-Kandidat in dem Preisbereich. Insbesondere da Mallorca im Preis stark anzieht, sobald sich mal eine Marke bzw. eine Bodega herumspricht.

2019 Acústic Celler Montsant Acústic

  • Von 60-80 jährigen Rebstöcken aus Montsant, sowie fassgelagert für 9-10 Monate.

    Kategorie: Rotwein
    Herkunftsland:
    Spanien
    Anbauregion: Montsant D.O.
    Qualitätsstufe/Unterregion: -
    Produzent: Bodegas Acústic Celler
    Rebsorte: 65% Carinyena, 35 % Garnatxa
    Alkoholgehalt: 14 %
    Restzucker: 1,8g/l
    Säure: 5,5g/l
    Preis: 14-16€

Nose:

Schwarze Kirschen, seidig und elegant in der Nase, man vernimmt mineralische Anklänge, dahinter etwas trockener Tabak, Brombeeren, dezente Hölzer, ein Hauch Vanille

Taste:

Mit fast keiner Süße und gewissen frische Säure, sehr geschmeidig-leicht auf der Zunge, jedoch dunkle Noten von Brombeeren, Lakritz, Tabak, etwas Bitterschokolade und Süßholz, merkliche Mineralik, Schwarzkirschen, Pflaumen

Finish:

Sehr, sehr eleganter Tropfen, trotz wenig Süße schafft die Kombination aus extrem seidig-elegantem Körper und trocken-dunklen Noten mich zu begeistern. Edler, eleganter Spanier mit spannender Rebsortenkombination, tanzt regelrecht über die Zunge

90P

2017 Bodegas Son Puig Vino de Finca

  • Das kleine Familien-Weingut Son Puig, versteckt gelegen an den Ausläufern des Tramuntana-Gebirges. Komponiert aus den vier Rebsorten Cabernet Sauvignon, Callet, Merlot und Tempranillo wurde der Wein durch 10 Monate Reifezeit in Eichenfässern abgerundet.

    Kategorie: Rotwein
    Herkunftsland: Spanien
    Anbauregion: Mallorca
    Qualitätsstufe/Unterregion: VdT Mallorca
    Produzent: Bodega Son Puig
    Rebsorte: Cabernet Sauvignon 34%, Callet 5%, Merlot 45%, Tempranillo 16%
    Alkoholgehalt: 14%
    Restzucker: -
    Säure: -
    Preis: 16-18€

Nose:

Frisches Cassis, spannende grüne Noten sind direkt bemerkbar, grüne Paprika, etwas Lorbeer und Muskat, Schiefer

Taste:

Auch hier die grünen Noten dazwischen, Zucchini, Lorbeer, Wacholder, Cassis, Brombeeren, Tannine, relativ jung, aber gut eingebunden, nichts überwältigt einen brachial

Finish:

Er schafft es toll, die Würze und grünen Noten in die Frucht einzubinden, wirkt nie too much.

89P

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