Shochu Tasting
Shochu ist eine Spirituose, die mich absolut fasziniert und in der ich mich immer noch extrem wenig auskenne. Aus über 53 Zutaten kann man ihn herstellen, manchmal werden auch neue ausprobiert, der grüne Piment Shochu hier gilt z.B. als Projekt eines ziemlichen Avantgardisten in der Szene. Er wird distilliert, je nach Herkunft meißt nur ein Mal, in manchen Regionen/auf manchen Inseln gibt es jedoch leicht andere historische Vorgehensweisen. Fermentiert wird das Produkt dann immer mit Koji, einem Schimmelpilz, der sich auf Reis bildet. Auch hier gibt es wieder Variation, es gibt weißen, schwarzen oder auch gelben und alle haben sie unterschiedliche Eigenschaften, machen das Ergebnis z.B. fruchtiger oder sanfter. Hier endet es noch nicht, manche Shochus kommen direkt in die Flasche, manche werden einige Monate "neutral", also z.B. in Stahltanks gelagert, manche in Tonkrügen, manche sogar in Fässern (wobei dies die Ausnahme ist). Die "Mainstream"-Shochus, die man in Japan im Alltag trinkt, haben meißt 20%, maximal 25%, Craft-Shochus sind jedoch teils sogar auch unverdünnt und gehen bis zu 45% hoch. Eine extrem faszinierende und vielfältige Spirituose also, wie es hoffentlich anhand dieser Notes und der Flaschenteilung in unserer Cocktail-Community einigen aufgefallen ist.
So wäre es auch mal wundervoll Shochu-Cocktails in Bars zu sehen, die nicht direkt ein japanisches Gesamtkonzept haben, etwas selbstverständlicher eben. Außerdem ist es durch seine Historie und damit verbundenen Alkoholgehalt natürlich ein perfekter Weg um den aktuellen Trend zu Low-ABV Drinks mit ihnen zu begehen.
Kommen wir zuerst zu meinen Fazits bezüglich der möglichen Cocktail-Nutzung, darunter findet ihr die ausführlichen Notes zu allen 6 diesmal getesteten Shochus.
Der Daiyame Shochu aus Süßkartoffeln hat ein absolut geniales Aroma, das sich auch toll in Drinks machen wird, floral, frisch, fast parfümiert im positiven Sinne.
Im Geschmack wird man hier aber gut abstimmen müssen, er hat immer noch diese Holunderblüte und andere Blumen + Stachelbeeren, aber auch die dezente, süße Kartoffel kommt dazu, spannend insbesondere für Drinks in Richtung der Martini-Familie.
Den Beniotome Kuro Black Sesam Shochu hätte ich gerne mal mit noch 5% mehr probiert, so ist er schön elegant zum Pur-Genuss, aber könnte abseits von stirred Drinks definitiv noch zu schnell untergehen. In eben jenen stirred Drinks aber, könnte hier ein sehr eigener Austausch für manch Whisky, Tequila oder die sehr sanften Mezcals auch gefunden werden.
Setsugoro Shochu ist schwer zu beschreiben, als hätte man einen leicht fruchtigen Agricole mit einem für seine Verhältnisse intensiven Sake dezent verdünnt, kann sich klasse in Martini- und Ti Punch artigen Drinks machen, wo die doch merklichen, aber eleganten und hellen Noten gut durchscheinen.
Der Kakuzou Shochu hat mich sehr positiv überrascht, bei anderen Getreidebränden, selbst meinem geliebten Whisky bin ich eben nicht so Fan von den Abfüllungen, die zu sehr auf die Getreidenoten gehen, aber der hier macht es fantastisch. Wärmend, dezent süßlich und mit perfekter Röstnote, das Popcorn, genial. Echter Craft-Spirit.
Sato No Akebono Genshu Shochu, eher wenig überraschend wohl die "einfachste" Cocktail-Empfehlung, R(h)um in diversenen Formen können hier mal ausgetauscht werden, dazu am besten noch mit asiatischen Gewürzen und Früchten spielen, schöner eigenständiger Spirit, spannende Aromenkombinationen mit der eigenen, speziellen Spicyness.
Auf den Piment Shochu muss man sich einlassen, erst ist man als Freund von wirklich scharfen (mazerierten usw.) Likören natürlich krasses gewohnt, das hier ist aber ein hochwertig destillierter und seidiger Spirit. Ich kann ihn mir durchaus in Drinks gut vorstellen, dabei aber definitiv eher stirred, eine tolle gemüsig-natürlich-pikante Note, in Drinks wo Dinge wie Ancho Reyes usw. direkt overpowern bzw. nicht die nötige Eleganz haben. Im Aroma war er noch sehr intensiv, im Mund sind die 25% zum pur trinken zwar toll, aber für Drinks wäre er mit 35% o.ä. ein richtiger Traum, dann wären auch Drinks mit merklich Zitrus in Frage gekommen.
Hamada Syuzou, Daiyame Shochu
(Süßkartoffel / 25%):
Nose:
Faszinierend, Süßkartoffel und der Koji-Reis ergeben hier plötzlich Holunderblüte, Lychee, sogar ein Hauch junge Maracuja, Weintrauben, ein Hauch Süßkartoffel blitzt mal auf, aber mainly weiße, helle Früchte mit feiner Säure auch
Taste:
Weintrauben, Süßkartoffel, Holunderblüte, nicht ganz so fruchtig-säuerlich wie in der Nase, mehr Stärke (im wahrsten Sinne) der Kartoffel, Reis, etwas Stachelbeere dazwischen
Finish:
Die Lychee wieder mehr, Trauben, etwas Zuckerrohr und frischer Reis, Ananaschips, insgesamt mild aber präsent
Beniotome Shuzo, Kuro Sesam Shochu
(Schwarzer Sesam / 25%):
Nose:
SEHR eigene Nase, extrem spannend, eine Freundin, der ich es hinhielt, sagte es riecht "nach Blut", haha! Wenn man vom schwarzen Sesam weiß, wird es gedanklich etwas offensichtlicher, eine sehr charakteristische Note, irgendwo zwischen vergorenen Beeren und säuerlichem Dinkelteig, Mohn, Lakritz und vertrocknete Brombeeren, leicht geröstete Gerste
Taste:
Sesam und Mohn, die Röstung wird hier merklicher, aber hält sich im Vergleich zu Islay und Mezcal natürlich eleganter zurück, gerösteter Reis und Gerste, Lakritz und etwas Sauerteig, die getrocknete Goji-Beeren und etwas von Algenchips
Finish:
Algenchips, Anis, Goji-Beeren und Sesam, sanft, die leichte Röstung bleibt auch im Finish, wird aber noch runder
Ochiai Szuzojyo, Piment Shochu
(Grüne Paprika / 25%):
Nose:
Der eindeutigste von allen, man gießt ihn nur ein oder öffnet die Flasche und von 60cm Entfernung direkt der Gedanke an grüne Paprika, schon verrückt… Mehr lässt sich fast auch schon nicht festhalten, gemüsig, etwas Zucchini und Sellerie-Andeutungen dazwischen, es kommen wirklich auch die Schärfenoten der Paprika natürlich rüber direkt im Aroma
Taste:
Im Mund dann doch dezenter, nach der Nase hat man ja Angst etwas Richtung Ancho Reyes zu bekommen, aber es bleibt ein feines Destillat, fast schon cremiger Körper, die grüne Paprika ist präsent, aber elegant und seidig eingebunden und die eine Hauptnote
Finish:
Das Finish verbleibt gleich, die Paprika, elegant und doch lange anhaltend, mittellang
Kikusui Brewery, Setsugoro Shochu
(Sakehefe / 35%):
Nose:
Sehr aromatisch elegante Nase, intensiver Sake-Duft, tolle Kokos-Aromen, sowohl frisches Fleisch, aber auch gesüßtes Gebäck mit dick Kokosraspeln darüber, dazu Bananengelees, Vanille, Mandeltörtchen, auch etwas Johannisbeeren und säuerliche Noten, die nicht genau zuzuordnen sind, Cantaloupe
Taste:
Kokos- und Reistörtchen, schöne Intensität, die % tun hier SEHR gut im Vergleich zu Sake, um wirklich einen Eindruck zu vermitteln, Netzmelone, Weintrauben, Vanille, Marzipan, etwas Mais und Stachelbeere, Pistazie und etwas Eukalyptus, Guave
Finish:
Limettenschale, Stachelbeere, Kokosraspeln, sie säuerlichen Beeren bleiben schön lange mit dem Kokos zurück, Guave, Zitronengras
Omoya Shuzo, Kakuzou Shochu
(Gerste / 41%):
Nose:
Schön intensives, warmes und süßes Getreide Aroma, die 41% tun ihm sehr gut, wirkt extrem hochwertig in der Nase, salziges Popcorn und Mais, frischer Keksteig und etwas Sellerie, kandierter Ingwer, frisches Toast mit etwas Quittengelee und das Salz wieder, ein Hauch Röstnote in der Ferne, aber süßlich wie von frischem Popcorn direkt an der Maschine
Taste:
Wow, sehr schön, Getreide macht Party, aber wundervoll warm, süß, intensiv und doch quasi null brennig, ganz anders als viele andere Getreidebrände klassischer Art, geniale Popcorn-Note, gesalzen und dann nochmal leicht überröstet, geröstete Mandeln, Malz, Bratkartoffeln, Ingwer, die Quitten jetzt auch eher wenn in gerösteten Chips, Salz, ein Hauch Piment fast, frisch getoastetes, handgemachtes Brot
Finish:
Mehr Popcorn und Mandeln, etwas Macadamia kommt dazu, auch leicht geröstet, warm, intensiv, lang, wenn auch nicht sehr komplex an sich im Abgang
Machida Shuzo, Sato No Akebono Genshu Shochu
(brauner Zucker / 43%):
Nose:
Sehr interessant, sehr Rum-ig und dann doch auch wieder nicht, sehr eigene Beinote, Lampenöl, Toffee, Popcorn, Leinsamen, Kardamom, Honig und brauner Zucker, unreife Bananen, etwas Honigmelone, Sternfrucht
Taste:
Schöne Süße mit der nötigen Frische dabei, ähnliches wie in der Nase, man erkennt eine Verwandschaft zu Rum (eher sogar Agricole), aber merkt auch sofort, dass hier einiges anders ist, Kardamom, Kampfer, Leinsamen, Honigmelone und Netzmelone, frischer Ingwersaft, Zuckerrohrsaft, etwas Kiwi und Drachenfrucht, Kokoschips, Lampenöl, Leinentuch
Finish:
Kurkuma und Kardamom, Popcorn, salzig, heller Honig, Netzmelone, Sternfrucht, intensiv aber null brennig, hochwertiges, rundes, aber langes Finish