#62 | Röda Huset, Stockholm, Sweden


Last Visit: Spring 2025

Wir wollen uns keinen Erwartungen hingeben, aber aufgrund des Menüs, der Lage und den Platzierungen auf der World's 50-Liste für 2023 und 2024 war ich sehr gespannt auf das Röda Huset. Eine Bar, die es fast nicht in die Planung für diese Stockholm-Reise geschafft hätte. Wer neugierig auf die allgemeine Trinkkultur in Schweden und meine Eindrücke ist, dem oder der empfehle ich unseren ersten Artikel über Stjärtilleriet als kleine Einstimmung.

Ich habe bereits am ersten Abend versucht, ins Röda Huset zu kommen, aber das Restaurant/die Bar teilte mir sehr höflich mit, dass es voll sei, also ging ich weiter zu A Bar Called Gemma. Ich habe es dann erstmal ganz ans Ende der Liste gesetzt und dem Othilia den Vorrang gegeben. Erst während des Besuchs dort wiederum erhielt ich alle nötigen Informationen zum Röda. Ein bisschen enttäuschend, dass es ein anderes Barteam braucht, um die eigene Bar richtig zu kommunizieren.

Auf den ersten Blick ist das Röda Huset ein asiatisches Fusion-Restaurant, in dem es auch Wein, Bier und Cocktails gibt, und bei diesem ersten Versuch haben die meisten Leute, die ich dort gesehen habe, alles außer Cocktails getrunken. Hätte ich gewusst und hätte mir das Personal gesagt, dass es im Obergeschoss auch eine spezielle Cocktail Experience mit einem festen Menü-Ablauf gibt, ähnlich wie im Sips mit dem Sips Esencia in Barcelona, hätte ich mich mehr bemüht einen Platz zu sichern. Da hilft es auch nicht, dass auf der Website nicht klargestellt wird, dass es sich um getrennte Räume handelt und dass man doch auch nur für eine Person buchen kann (das elektronische Buchungssystem fängt nämlich ab zwei Personen an). Oder dass sich die Drinks von der regulären Karte unterscheiden (da die Getränke der Cocktail Experience "geheim" gehalten werden). Eine Fortsetzung der Fragen, die ich auch nach dem Stjärtilleriet hatte. Es gibt so viele wirklich coole Konzepte in dieser Stadt, von denen jedoch niemand den potenziellen Gästen (oder vielleicht nur den Touristen nicht?) erzählen will bzw. einfach transparenter kommuniziern.

Als ich endlich einen Tisch reservieren konnte, war die Etage oben geschlossen, und ich ging auch erst spät nach einem ganzen Abendessen dorthin, sodass ich keine Möglichkeit hatte, das Essen zu probieren. Dennoch war ich hoffnungsvoll, denn ich mochte das Design der ehemaligen Kunstgalerie, die sich von der Plaza-Ebene bis zum eigentlichen Eingang über eine Treppe in einem Bürohof erstreckt, wirklich sehr. Ein bisschen Cyberpunk 2077 in Stockholm (die asiatische Küche tut ihr Übriges, um diese Stimmung zu verstärken). Abends strömt natürliches Licht in den Raum, das von den schönen Glas- und Spiegelinstallationen reflektiert wird. Das Rot an der Außenseite, nach dem die Bar benannt ist, wird im Inneren mit leuchtenden Grüntönen gepaart. Die Leute dort haben einfach ein Händchen für gutes Design, kein Zweifel.

Das Menü ist visuell klar und übersichtlich, indem es eine "Reise" durch verschiedene Orte in Skandinavien (nicht nur Schweden) präsentiert, aus denen die "lokalen" Zutaten für die Cocktails stammen. Natürlich gibt es immer noch eine Menge industrieller Spirituosen von der Stange, die nichts mit der Region zu tun haben, aber ich schätze die Vielfalt der Geschmacksrichtungen und Orte. Auf dem À la carte Menü im Erdgeschoss stehen insgesamt 8 Signature Drinks zur Auswahl. Nach dem, was mir gesagt wurde und was in den sozialen Medien zu sehen ist, ändern sich diese nicht viel oder verwenden zumindest ähnliche Zutaten für jede Iteration. Einige davon, wie z. B. der mit Sahne, sind "Alltime Classics".

Die Auswahl war klar. Etwas Frisches mit Apfel und dann etwas Stärkeres, eher in Richtung Old Fashioned und Manhattan. Ich habe auch gefragt, welche der Drinks in diese Richtungen gehen würden, und das Team war gerne bereit, mir zu helfen. Ungeachtet der endgültigen Qualität des Geschmacks und einiger Missverständnisse war der Service erstklassig, man nahm sich Zeit, um Fragen zu beantworten, und die Präsentation war simpel, aber clean. Die Preise sind so, wie man es erwarten würde in Schweden, mit allen Drinks für 195 SEK, etwa 18 EUR.

(Für Originalgröße auf die Bilder klicken:)

Plum & Apple

| Distilled Plum Pits
| Figs
| Carbonated Green Apple

Apfel ist immer mein Favorit, und dieser Drink beweist, warum. Er ist frisch, sprudelnd, aber genau die richtige Note, die sich von der Zitrone als saure Basis und sogar von Yuzu unterscheidet, die natürlich in den letzten Jahren in Qualitätsbars ein gängiger Ersatz geworden ist. Ähnlich wie bei meinem Drink im Stjärtilleriet fügt die Pflaume eher Alkoholtiefe und Süße hinzu, als dass sie das Aroma wirklich verändert. Es handelt sich im Wesentlichen um eine neu konstruierte Apfellimonade. Destillierte Pflaume und gerösteter Feigenlikör ergeben zusammen 40 ml Alkohol in diesem Getränk. Die Äpfel sind Teil eines hausgemachten Sweet-Sour Mix, der laut Erklärung auch in den Drinks für das "Experience"-Degustationsmenü im Obergeschoss und vermutlich in anderen Menüs verwendet wird. Für mich ist das eine klasse Idee, etwas Lokales, etwas Anderes, etwas, mit dem man die Gäste überraschen kann (auch die, die eigentlich nicht zum Trinken kommen). Schade nur, dass es ein wenig kurzsichtig ist. Die Menge an Zucker in diesem Cocktail entspricht wahrscheinlich der von gekaufter Limonade (Likör plus Sirup plus Fruchtzucker), und nach einem ganzen Glas hat man genug von dem Aroma. Warum nicht den Zucker niedrig halten und auf andere Weise mehr Tiefe verleihen?

Honey

| Michters Bourbon flavored with honey
| Boulard Calvados
| Apple Cider Vinegar

Es führt kein Weg daran vorbei. Das war der schlechteste Drink, den ich in Stockholm getrunken habe. Ein schlechtes Zeichen, wenn man bedenkt, dass die anderen Cocktails auf der Karte scheinbar noch "leichter" sind und, wie oben zu sehen, eher an anspruchsvolle Limonaden erinnern. Hier sollte eine Bar glänzen und ihr Können bei der Verwendung hochwertiger Spirituosen mit hausgemachten Zutaten unter Beweis stellen können. Das hier schmeckte einfach wie ein wässriger Bourbon Old Fashioned in einer Drei-Sterne-Hotelbar. Und auch hier wäre ich vielleicht nicht so enttäuscht, wenn es nicht andere Bars gäbe, die mit einem ähnlichen Ansatz (Honig plus Bourbon) viel, viel besser abgeschnitten haben. Mir wurde gesagt, dass die Zutaten für diesen Drink auch Teil der Degustation oben sind, es ist also nicht so, dass es dafür eine völlig andere Basis gibt. Eine gewisse Überschneidung macht auch einfach Sinn, wie man ehrlicherweise sagen muss.

Ich will mich nicht zu sehr in Vergleichen verlieren, aber ich kann nicht umhin, Parallelen zu etwas wie dem Sips Esencia in Barcelona zu sehen. Zumindest ist dort die Kommunikation viel klarer, sowohl auf der Website als auch vor Ort selbst. Hier im Röda Huset werde ich mich bis zum nächsten Besuch fragen, wie sehr sich das Menü im Obergeschoss unterscheiden wird. Möglicherweise handelt es sich bei den Drinks À la carte um eine bewusst einfachere, unkompliziertere Auswahl, die viel weniger Vorbereitungsarbeit erfordert und sich an ein Publikum wendet, das sich ohnehin nicht so sehr für High End Mixology interessiert. Vielleicht gehen die wahren Kenner ohnehin nach oben.

Nach diesem einen Abend kann ich das Röda Huset, zumindest die reguläre Bar im Erdgeschoss, nicht wirklich empfehlen, da sie das Konzept in einigen Teilen verfehlt und leider den schlechtesten Cocktail serviert hat, den ich während der gesamten Reise hatte. Ich habe den Eindruck, und das ist natürlich nur Spekulation, dass auch die Karte im Obergeschoss ihre Fehler und Experimente aufweist, die vielleicht einfach nicht funktionieren. Alles, was ich hier erwartet habe, haben andere Bars in der schönen Hauptstadt Schwedens besser und mehr auf den Punkt hinbekommen.

Cheers,

/jf


Next
Next

#61 | Makai, Rome, Italy