#46-49 | A Bar Tour of Málaga, Spain


Vorwort von LiquidThoughts:

Unseren diesmaligen Gastautor Timo Wollersheim haben wir dieses Jahr bei einem Event im Woods in Köln kennengelernt und später entstand daraus die Idee für einen kurzen Artikel über seine letzte Málaga-Reise und die wichtigsten Bars vor Ort. Timo selbst ist Cocktail-Enthusiast und hat selbst schon unter anderem im Woods in Köln gearbeitet. Das Format als Kurz-Reviews mit Auflistung innerhalb eines einzelnen Artikels wird eine Ausnahme auf LiquidThoughts bleiben, bot sich bei diesem Citytrip aber durchaus an, enjoy!


Last Visit: Summer 2024

Knapp 520 Kilometer südlich von Madrid an der Costa del Sol liegt das sonnige Málaga. Mit knapp 600.000 Einwohnern ist Málaga die zweitgrößte Stadt Andalusiens. Generell ist es ja immer spannend durch diese besonders historischen Städte mit Geschichte an jeder Ecke zu wandern, wie auch in Italien mit Rom oder auch Porto in Portugal und dort dann den Kontrast aus uralten Bauten und modernen Drinkspots zu erleben.

So war es schon ein ulkiger Gedanke durch dieselben Straßen der Geburtsstätte von Picasso zu spazieren und neben zahlreichen Museen, schönen Ruinen und ganz viel Kultur auch die ein oder andere Bar zu besuchen, die der gute Pablo zu seinen Lebzeiten jedoch nicht mehr erlebt hat und herauszufinden, wie eine auch sehr touristische Stadt wie Málaga durchaus sehr unterschiedliche Barstile vertritt. Da der Artikel hier auf LT nicht im Voraus des Trips geplant war, sind nur die wichtigsten Dinge notiert worden, doch reicht dies hoffentlich mehr als nur aus, um einen kleinen Überblick über einige der wichtigsten Bars der Stadt zu geben und euch ihren Charakter nahezubringen.

Copyright: Renard Cocktail Club


Renard Cocktail Club

Mein erster Barbesuch führte mich zu einem Schild mit einem einladenden Fuchs in einer Nebenstraße im Zentrum von Málaga. Kurz war die Sorge da, dass es vielleicht ein kitschiger Touri-Schuppen sein könnte. Doch ein Schritt von der hellen wuseligen Straße führte in eine abgedunkelte gemütliche Bar, die plötzlich eine ganz eigene Welt darstellte. Leicht oldschool, aber ohne altbacken zu wirken, dezent rustikal, dabei gemütlich und nie out-of-place im Herzen der Stadt. Die Musik mit einer wilden Mischung aus Hiphop und Alternative war etwas lauter, aber dennoch nicht zu unangenehm, um sich zu unterhalten und hat mir über den Besuch weg gut gefallen.

Die Signature Drinks auf der Karte klangen alle sehr spannend, da hier gerne mit lokalen Spezialitäten, wie „Alfarnates“ – gerösteten Mandeln, gemixt wird. Auch in den zwei Drinks unten findet man lokales Bier, spanischer Nougat wird für den Fat Wash genommen, sowie natürlich der berühmte Málagawein. Ebenso die Präsentation der Drinks hat mir gut gefallen. Hier und da wird gerne wie öfter in touristisch beliebten Städten ein wenig mit leicht kitschiger, aber trotzdem sympathischer Keramik gespielt, wie man unten sieht. Lustigerweise wird hier auch das Logo, der Fuchs, direkt mit eingebaut als Mug. Geschmacklich haben mich die beiden ausprobierten Drinks allerdings nicht umgehauen, zwar waren sie easy sipper, aber dafür ließen sie ein wenig Tiefe und Komplexität vermissen. Alles in allem würde ich aber sicherlich nochmal wiederkommen, um die Karte noch etwas durchzuprobieren.


El Zorro

| Tequila Entremanos
| Nixta Elote Liquor
| Artisanal Málaga Beer
| „Vulpes“ Cordial

Moratita

| Málaga Nougat Woodford Reserve Bourbon
| „Trajinero“ Málaga Wine
| Angostura Cocoa Bitters
| Salt

 

 

Copyright: La Destilería

La Destilería

Wie man schon an den Fotos erkennen kann: Von allen hier vorgestellten Bars ist das La Destilería die mit Abstand heimeligste Bar. Man fühlt sich selbst beim ersten Besuch irgendwie direkt „Zuhause“, die Atmosphäre war durch eine glimmende Beleuchtung sehr angenehm einladend, das Design relaxed und doch mit einem Auge für gewisse Details sehr passend gewählt. Begrüßt wurde ich von einem Bartender namens Dario, inklusive gezwirbeltem Schnörres und einer unglaublich offenen, sympathischen Art, sodass ich mich gleich willkommen gefühlt habe.

Er hatte auf jeden Fall Ahnung, was er tat und war neben der sehr guten Cocktailberatung äußerst redselig. Auf die Empfehlungsfrage hin, wo man denn gut als Nächstes hingehen könnte, zückte er prompt den Stift und listete eine Reihe von Namen auf – ein Träumchen von einem Barbesuch.

Die Signature Drinks selbst waren ebenso grandios. Mit dem La Flama ging es rauchig, kräutrig und gleichzeitig erfrischend los. Beim Servieren wurde eine Grapefruitscheibe vorher flambiert, sodass man auch nasal einen angenehm komplementären Rauchgeruch wahrnehmen konnte, der den Drink nochmal vielschichtiger wirken ließ. Es folgte der Kingston Negroni 2.0, also ein Riff auf den modernen Klassiker, der wiederum bereits ein Riff auf einen Rum Negroni darstellt. Dieser intensive, dennoch nicht zu penetrante Bananengeschmack, das ganze auch genau auf den Punkt mit der Bitterkeit des Klassikers verbunden, einfach nur wow. Auch die Klassiker Continental und Pisco Sour waren zwischendurch fällig und ideal zubereitet. Mit dem Mint Punch gab es als Abschluss noch einen wundervollen Dessertdrink. Würde ich mit dem etwas süßeren und zugleich seidigen Aufbau von der Reihenfolge aber eher am Ende eines Barbesuches bestellen. Hier hat rundum, von den Räumlichkeiten, über den Service, bis zu den Cocktails alles gestimmt und rein von den Drinks war es wohl das Highlight meines gesamten Trips!

La Flama

| Mezcal
| Cynar
| Aperol
| Grapefruit Cordial

Kingston Negroni 2.0

| Appleton Estate
| Campari
| Cynar
| Banana

Mint Punch

| Mount Gay Eclipse
| Branca Menta
| Yellow Chartreuse
| Pineapple
| Coconut

 

 

Copyright: Ghetto Bar

Ghetto Bar

Unsere nächste zu besprechende Bar hat es mir schon beim Betreten insbesondere ästhetisch direkt angetan. Zunächst einfach mal die gewählte Designsprache, die ich spannend fand, da ich so eine Bareinrichtung bisher relativ selten gesehen habe:

Glatte Betonwände, Stahlelemente überall und eine helle Beleuchtung machte den Großteil des Stils aus. Es könnte auch ein sehr modernes Tagesbistro sein, mit entsprechend moderner internationaler oder asiatischer Küche, was eben heute so instagrammable ist. Würde mir von der Erzählung her überhaupt nicht zusagen, aber als ich da an der Theke saß, fand ich’s super und recht beeindruckend, man merkt direkt, da steckt viel Planung und Präzision dahinter.

Hinter der Theke hatte ich weiterhin Spaß an meinem üblichen Barspiel, eine umfangreiche Backbar zu betrachten und zu schätzen, welche die teuerste Flasche war. Im Wechsel damit kam ich direkt mit dem sehr aktiven und offenen Bartender ins Gespräch, ein junger, agiler Typ, der aufmerksam auf unsere Bestellung wartete und dann bei der Zubereitung eine grandiose Show beim Cocktails werfen hinlegte. Ein wenig Show, aber immerhin passte dann auch die Qualität entsprechend.

Hier habe ich neben ein paar Signature Drinks – die sehr gemundet haben, aber deren Namen ich nicht mehr in Erinnerung habe – auch mal einen Klassiker gewagt, der mir bislang fremd war, den Army and Navy. Recht simpel, aber sehr effektiv in seiner zu gleichen Teilen erfrischenden und süßen Balance. Es folgte noch ein Modern Classic, der Bramble und auch der war crisp, saftig-frisch auf den Punkt gebracht. Leider war auch hier nicht viel los im Laden, sodass ich hier nicht die Atmosphäre bei Hochbetrieb erlebt habe – so oder so würde ich auf jeden Fall wiederkommen und kann einen Besuch sehr empfehlen. Sei es wegen der durchweg gut gemachten Drinks oder des coolen Interior Designs.

Army and Navy

| Gin
| Lemon
| Almond
| Angostura

Bramble

| Gin
| Lemon
| Simple Syrup
| Crème de Mûre

 

 

Copyright: Chester & Punk


Chester & Punk

Mit dem Chester & Punk schließt sich der Kreis der Aufzählung wieder, denn sie liegt sehr zentral in Málaga, direkt um die Ecke vom anfänglich erwähnten Renard Cocktail Club. Dieser hatte mir ja schon gezeigt, dass die Lage nicht direkt eine Touri-Falle nahelegen muss und da das C&P bei Empfehlungen der anderen Bartender ganze drei Male genannt wurde, musste ja etwas dahinter stecken und das tat’s auch.

Der Stil der Bar gab mir ein Gefühl, als würde ich einer Mischung aus einem modernisierten American Diner und einem Punk Club sitzen, mit einerseits stilvollen Lederelementen, aber dann auch modernen Neon Signs an der Wand. Der Name deutet auch auf diese Zweigeteiltheit hin, selbst im Menü gibt es die „Chester Collection“, die aus Klassikern besteht und die „Punk Collection“, aus modernen Signatures bestehend. Wobei auch letztere oft einen Klassiker als Basis haben erkennen lassen, der nur interessant neu interpretiert wurde.

An der Backbar gab es viel zu sehen – ich tippte als teuerste Flasche auf einen Macallan 30 zu ca. 6.000 € die Flasche. Ein hipper Bartender mit Cap gab eine super Beratung ab und kreierte daraufhin tolle Drinks. Einerseits den Eternal, ein gut ausbalancierter und modernisierter Cosmopolitan. Die in moderner, hoher Qualität selber auf den Punkt zuzubereiten finde ich gar nicht so leicht und daher fand ich diesen Twist besonders spannend. Ich war skeptisch, ob er nicht zu floral und leicht schmecken würde, aber die feinen Noten von Hibiskus und Rosen waren sehr gut eingebettet und waren mir nicht zu penetrant. Zudem war die Präsentation des Drinks in einer mit Rauch gefüllten Glasglocke grandios. Auch der moderne Riff auf einen White Lady wiederum, der Punk-Da, sollte bei Besuch dringend ausprobiert werden. Absolut genial wie die verschiedenen Notes hier miteinander harmonieren, trotzdem einzeln klar heraus schmeckbar sind und der Drink trotzdem nicht überladen wirkt. Die Präsentation im Panda arbeitet natürlich viel mit dem Augenzwinkern, der Punkhaarschnitt an ihm passend zum Thema der Bar hat mich dann tatsächlich auch schmunzeln lassen.

Eternal

| VOX Vodka
| Kaffir Lime
| Hibiscus
| Verdejo
| Rose

Punk-Da

| Gin Roku
| Yuzu
| Ginger
| Peach
| Jasmine


Abschließend kann man festhalten, dass mich die reine Menge, aber auch Qualität der Bars in der Stadt an der spanischen Küste durchaus positiv überrascht hat. Für eine Stadt mit „nur“ 600.000 Einwohnern gibt es durchaus die Qual der Wahl und ein paar bekannte, wie das Speakeasy „The Pharmacy“ haben wir hier noch nicht besprochen, da es mich persönlich auch ein wenig enttäuschte und der Besuch recht kurz ausfiel.

Die schiere Anzahl an Bars mit gewissem Anspruch lässt sich natürlich auch auf den Status Málagas als großer Tourismus-Hotspot zurückführen, gleichzeitig hat sich das aber nie merklich auf die Art oder Qualität eben jener Cocktail Joints ausgewirkt. Klar, im Schnitt sind die Drinks vllt. ein wenig auf der süffigeren Seite als in ein paar anderen mitteleuropäischen Städten oder in den Staaten, dies sieht man aber generell öfters im Süden Europas dank der anderen Temperaturen. So oder so kann Málaga auch moderne Cocktailkultur und hat damit generell unfassbar viel als Reiseziel anzubieten.

/tw


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