#8 | Ory Bar, Mandarin Oriental, Munich, Germany
Last Visit: Summer 2022
Über Jahre hatte ich mich immer beschwert, dass in Deutschland insbesondere die Hotelbars das schwächste Glied der Bar-Kette sind und der Abstand zu internationalen Top-Adressen hier im Schnitt am größten zu sein scheint.
Seit diesen Zeiten - vor 5-6 Jahren - hat sich nun doch einiges in den hiesigen Landen getan, manches solide, aber nicht hervorstechend im internationalen Vergleich (ich schaue auf dich, Köln, meine Heimat), manches wirklich begeisternd. Zu letzterer Kategorie zählt die Ory Bar im Mandarin Oriental, mitten im historischen Münchner Zentrum. Dabei war München bis dahin auch eher mit einer traurigen Auswahl gesegnet, für so eine reiche und groß Stadt. Hier und da nur verstaubte Beispiele in eigentlich tollen Locations, mit dem nötigen Kleingeld für viel mehr, aber hier soll es ja um die Ory Bar gehen…
Im Oktober 2018 eröffnet, war ich nun insgesamt schon einige Male dort und zähle es du den positivsten Barerfahrungen und insbesondere -überraschungen der letzten 5 Jahre. Sowas hatte ich einfach damals in Deutschland nicht mehr erwartet in Hotelbars, außerhalb von Berlin vielleicht noch.
Die Räumlichkeiten sind darüberhinaus sehr geschmackvoll eingerichtet, da tendieren manche übermotivierten Hotelbars ja entweder zu viel Prunk oder zu kitschig offensivem Retro-Design, weil es gerade in ist. Hier ist man zeitlos und elegant eingebettet, fühlt sich auch nie fehl am Platz. Auch der für eine gute Hotelbar immer praktische und stilvolle eigene Seiteneingang, ohne durch das Hotel zu müssen, weiß zu begeistern.
Auch die Auswahl kleinerer Appetizer oder Desserts werden dem Hotelnamen gerecht, sowie immer wieder einzelne Luxus Bottles in der Backbar, für die passende High End Kundschaft, wie z.B. ein Hakushu 25yo. Wobei die Spirit-Auswahl an sich schon eher an die kleinen Menüs angelehnt ist und kein herausstechender Faktor der Bar selbst ist, stören tut dies hier aber keinesfalls und passt eher in das Konzept, keine endlosen Regale an Spirits vorzufinden.
Anfangs mit einem twisted-Classics Menü, kam schnell jenes dazu, das vielen in Bar-Deutschland bekannt ist. Orientiert an Materialien und den Assoziationen die man mit ihnen verbindet, welches man vor Corona auch noch anfassen konnte und nach dem texturellen Erlebnis den Cocktail auswählen, Hölzer, Metalle, Stoffe, usw.
10 Drinks, nicht mehr, nicht weniger. Und dies inzwischen auch schon fast 4 Jahre, der einzige, kleine Wermutstropfen, der in diesem Review vorkommen wird. Da ginge mehr, andererseits waren es natürlich auch besondere Zeiten. Außerdem das große Licht am Horizont: Genau während diese Zeilen Anfang Januar 2023 geschrieben werden, steht wohl das neue Menü endlich vor der Einführung und selten hatte ich so Lust, mich sofort in eine neue Cocktail-Auswahl zu stürzen (dieses wird dann natürlich hier auch nachgetragen, als Update).
Ein paar Beispiele der letzten Jahre und Besuche sollen folgen, freilich wurde in all der Zeit kein Drink ausgelassen…
Als Beispiele sollen hier schlicht die drei zuletzt probierten vorgestellt werden, da sie auch ein passend breites Spektrum abbilden:
Linen: Plymouth Gin mit Oolong Tee Infusion / Champagner / Honig / Gewürzmischung
Einer der besten Champagnerdrinks, die ich in einer Bar hatte, edel und minimalistisch präsentiert. Die Aromen sind geprägt von einem trockenem, wirklich leinen-artigen Champagner-Gin Duett, mit trockenen Nüssen Richtung Macadamia, Mandel, Erdnuss und Anklängen von Tee und dezenter Würze, sowie genau die richtige, minimale Menge des Honigs, der als einziges nicht ganz in das Leinenthema passt, aber gut verbindet.
Stone: Shipsmith Gin in Sous Vide mit Estragon / Riesling / Verjus / Essig / Salz
Serviert mit echten Flusssteinen aus der Isar, ist er genau so, wie man es von den Zutaten erwartet und trifft das Thema auch gut mit grün-mineralischen Noten, Säure von Essig und Verjus, ein Drink, wie ihn definitiv nur eine Bar auf das Menü bringt, die ihren Gästen durchaus auch mal neue Dinge zutraut, was immer schön anzusehen ist.
Leather: Rye / Mezcal / Cynar / Chinotto / Ahornsirup / Sojasoße
Ob es der meistverkaufte Cocktail der Bar ist, mag ich nicht zu sagen. Doch in meiner Bubble und den Communities, in denen ich mal über die Bar sprach, schien er immer DER Symboldrink des Menüs zu sein. Passend zum Namen leicht herb und doch überraschend elegant, auch trotz zwei Likören, Ahornsirup und auch Sojasoße ein überraschend leichter Körper. Nicht annähernd so süß wie viele Maple Old Fashioneds z.B., bringt er hier eher schön trockenen Umami-Flavour auf die Zunge.
Fazit? Ganz einfach. Die Ory Bar ist eines von inzwischen so einigen Vorzeigeprojekten für das, was deutsche Bars können und noch viel wichtiger:
Sie inspiriert hoffentlich immer noch weitere ähnliche Hotelbarprojekte in der Zukunft.
Schon jetzt muss sie sich vor fast keiner internationalen Hotelbar verstecken und sollte nun auch ein gewisser, für High End Bars angemessener, Turnus in die Menüwechsel einkehren und ähnlich gute und interessante Menüs jährlich kreiert und dem gespannten Publikum präsentiert werden, bleibt auch eigentlich nichts mehr zu kritisieren übrig.